Vorwort

Mit jedem Jahr das vergeht werden wir nicht nur älter, wir entfernen uns auch zeitlich und gefühlsmäßig von dem Tag, an dem wir unsere Heimat Siebenbürgen verließen. Es war dies nicht ein Verlassen auf eine begrenzte Zeit, sondern ein Abschied für immer.

Nun, das Gesicht der alten Heimat verändert sich allmählich dahingehend, dass uns auch das vormals Vertraute fremder wird. Doch gerade in dem Vertrauten liegen unsere Wurzeln und unsere Identität. So macht es Sinn, unsere Vergangenheit‚ wenn auch nur bruchstückhaft wie diese kurze Chronik, in Erinnerung zu behalten, um gelegentlich darauf zurückblicken zu können.

Unsere Heimat

Seiner Lage nach ist Siebenbürgen das Herzstück Rumäniens. Bogenförmig und einer natürlichen Festung vergleichbar, haben die Karpaten ihre Arme schützend um diese schöne Landschaft gelegt. Von den hohen Grenzgebirgen ausgehend durchziehen waldgekrönte Berghöhen das Land. An sonnigen Berghalden gedeihen Reben und Obstbäume. In den Tälern wogen Ährenfelder. Die Erde birgt zahlreiche kostbare Bodenschätze.

Unsere Vorfahren

Im Laufe der Jahrtausende lebten und begegneten einander auf diesem Gebiet viele Völker. Eines davon sind auch die Siebenbürger Sachsen. Unsere Vorfahren ließen sich in Siebenbürgen als deutsche Einwanderer nieder. Es waren überwiegend strategische und wirtschaftliche Gründe, die den ungarischen König Geysa II. veranlassten, Siedler ins Land zu rufen um es vor den Wander- und Nachbarvölkern zu schützen. Ein bedeutender Teil der Siedler kam aus dem Moselgebiet und aus Luxemburg. Eine relative Überbevölkerung Mitteleuropas im 12. Jahrhundert, gemessen an den damaligen Verhältnissen, sowie verlockende Angebote des ungarischen Königs waren Hauptursachen für die Bereitschaft vieler Menschen ihre Heimat zu verlassen, um in der Fremde neue Lebensmöglichkeiten zu suchen.

Unsere Vorfahren hatten eine weltliche und kirchliche Verwaltung. Die weltlichen Verwaltungseinheiten sind ab dem 14. Jahrhundert als Stühle bekannt, womit ein Gerichtsstuhl gemeint ist. Neppendorf gehörte zum Hermannstädter Stuhl. Im 15. Jahrhundert waren die Voraussetzungen für die Gründung einer umfassenden verwaltungsrechtlichen und politischen Körperschaft geschaffen, die Sächsische Nationsuniversität.

In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden auch Protestanten aus Kärnten und Oberösterreich ihres Glaubens wegen nach Siebenbürgen deportiert und fanden in Neppendorf, Großau und Großpold eine neue Heimat.

Neppendorfer Gemeindechronik

Um 1150 „Gäste“ aus Moselfranken, Flandern und Brabant lassen sich in der Zibeinsebene nieder und gründen „Villa Hermani“ - Hermannstadt
1224 Im „Andreanum“ oder dem „Goldenen Freibrief“ des ungarischen Königs Andreas II. werden alle Pflichten und Rechte der Einwanderer festgelegt
Um 1225 Sächsische Gastsiedler (hospites) bauen eine romanische Basilika mit einem mächtigen Vierungsturm
1241/42 Im Mongolensturm ist dieser Turm Zufluchtstätte
1327 Sächsische Siedler sind das erste Mal urkundlich im Dorf nachweisbar, das damals „Eppendorf“ - nach einem führenden Mann namens Eppo - genannt wird. Dabei wird auch erstmals der kath. Pfarrer Nicolaus von Neppendorf urkundlich erwähnt.
Bis zur Reformation sind die Namen von 12 kathol. Pfarrern bekannt.
1372 Erste urkundliche Erwähnung eines sächsischen Ortsvorstehers (villicus).
1468 Aus einem Steuerregister ergibt sich, dass Neppendorf von 36 Steuerträgern bewohnt ist. Großau hat zur gleichen Zeit 200 Hausväter.
1493 Der Ort wird von Türken niedergebrannt. Es sinken auch die Kirche und der mächtige Turm in Trümmer.
1526 Mehrjährige Belagerung Hermannstadts durch die Türken. Alle umliegenden Ortschaften werden öfters in Mitleidenschaft gezogen.
Um 1540 Die bisher katholischen sächsichen Bewohner von Neppendorf nehmen den evangelischen Glauben an.
1597 Erste dokumentarische Erwähnung eines in seinen ältesten Teilen aus dem Mittelalter stammenden Pfarrhauses.
1619 Erste urkundliche Erwähnung einer Gemeindemühle.
1659/60 Während der Belagerung von Hermannstadt durch den Fürsten Georg Rakotzi II. hat Neppendorf durch fürstliche Truppen viel zu leiden.
1701 Im Laufe des Kurutzenkrieges wird der Ort wieder niedergebrannt. Kurutzen nannte man die zusammengewürfelten Truppen des Fürsten Franz Rakotzi.
1719 107 Gemeindemitglieder sterben an der Pest.
1725 Die Ortsbewohner bitten den Hermannstädter Stadtrat um die Ansiedlung von zusätzlichen Steuerträgern in Neppendorf, da viele Häuser leer stünden.
1728 31 Steuerträger werden erwähnt.
1734/37 Ansiedlung von evang. Deportierten, der „Landler“, aus dem Salzkammergut in Neppendorf.
1747 Aufbau eines neuen, niedrigeren Glockenturms auf den Ruinen des mittelalterlichen Turmes.
1774 Zusammenstellung der ersten erhalten gebliebenen Nachbarschaftsartikel.
1781/82 Das Hauptschiff der Kirche wird nach Westen hin verlängert und der heutige Glockenturm erbaut.
1790 Der Friedhof im Kirchhof wird aufgelassen und der heutige Friedhof angelegt.
1818 Erstmals wird die Konfirmation an Palmsonntag erwähnt.
1819 Der Chorraum der Kirche wird erhöht. Im Dachstuhl entdeckte man die Jahreszahl 1548.
1822 Erstmalige Erwähnung des Katechismusaufsagens in der Leidenszeit durch Jungen. Seit 1947 sagen auch die Mädchen auf.
1829 am 12. Sept. Großbrand: 26 deutsche und 26 rumänische Wohnhäuser sowie 67 Wirtschaftsgebäude samt der eingebrachten Ernte brennen ab.
1838 Erdbeben: Eine Glocke fällt vom Turm und zerbirst; sie wird umgegossen.
1846 Aus Württemberg kommen Schwaben, die aber bald wieder abwandern; nur die Familie Weimer bleibt.
1851 Gründung von evang. Schwesternschaften.
1855 Bau der sog. Alten Schule, die heute noch benutzt wird.
1856 Erstmalige Wahl einer Gemeindevertretung (60 Männer), eines Presbyteriiums (16 Männer) und eines Kurators (Math. Hubner, HNr. 56). Samuel Gromer, der jetzige, ist seither der 21. Neppendorfer Kurator.
1862 Die heutige Turmuhr wird angeschafft.
1873 12 Personen sterben an der Cholera, 11 an den Blattern.
1876 Gründung einer „Liedertafel“, der spätere „Männergesangverein“.
Die ungarische Regierung löst die „Sächsische Nationsuniversität“, und damit das autonome Selbstverwaltungsorgan der Siebenbürger Sachsen auf.
1878 Gründung der Freiwilligen Feuerwehr.
1879 Im Herbst gründen 14 Männer die Neppendörfer Musikkapelle; ihr erster Leiter ist Prediger Joh. Reißenberger.
1884 Gründung des evang. Ortsfrauenvereins, der bis 1941 aktiv ist.
1887 Der „Vorschußverein“ wird gegründet.
1892 Am Friedhof wird die Leichenhalle gebaut.
Letzer Großbrand: Ein Wohnhaus und 84 Wirtschaftsgebäude brennen ab.
1895 Bau des Ortsamtsgebäudes; die Jahreszahl und das Viehbrandzeichen von Neppendorf, ein Schlüssel, sind im Giebel zu sehen.
1897 Mich. Maier wird Lehrer in Neppendorf und bleibt bis 1948 hier im Schuldienst; davon 38 Jahre als Rektor.
1898 Bau des evang. Gemeindesaals, Leitung: Josef Eckenreiter, HNr. 480 und Zimmermeister Jos. Lederer, HNr. 791
1902 Bau der sog. Neuen Schule durch Arch. Gustav Maetz, Hermannstadt. Derselbe gibt dem Pfarrhaus seine heutige Gestalt durch Um- und Anbau. Die Mauer zwischen Kirch- und Schulhof wird abgetragen.
1903 Bau des Vorschußvereinsgebäudes Kirchgasse HNr. 108.
1905 Einführung des elektr. Stroms in Neppendorf und in die kirchlichen Gebäude; in die Kirche erst 1931.
1909 Jos. Gromer, HNr. 53, betreibt die Gründung des Kreditvereins.
Das Haus Kirchgasse Nr. 499 wird dafür gekauft.
1911 Die Kirche bekommt die heutige Gestalt durch Verlängerung des Hauptschiffes nach Westen zu durch Baumeister Buertmes. Wegen der neuen Sitzplätze entsteht ein fast 9jähriger Streit zwischen Sachsen und Landlern.
1912 Einbau der heutigen pneumat. Orgel durch Karl Einschenk aus Kronstadt. Sie hat zwei Manuale und ein Pedal, 27 klingende Register, 7 Koppeln, ein Schweller und 1662 Pfeifen.
1913 Gründung einer „Laube“ des „Internat. Ordens der Guttempler“, der bis 1933 gegen Alkoholmissbrauch tätig ist.
1916 Die mittlere und kleine Glocke werden am 25. Aug. für Kriegszwecke requiriert. Am 18. und 20. Sept. werden Kirche und Turm bei den Kämpfen um Hermannstadt durch Artilleriegeschosse beschädigt. Die Projektile mauert man später in die Turmwand ein.
1918 Auf Beschluss der Großen Nationalversammlung von Alba Iulia wird Siebenbürgen mit Rumänien vereinigt.
1922 Der Frauenverein stiftet zwei neue Glocken.
1924 Errichtung des Gedenksteins bei der Kirche für die 80 evang. Kriegsopfer aus dem Ersten Weltkrieg.
1929 Die elektr. Straßenbahn wird am 18. Sept. in Betrieb genommen; sie verbindet Neppendorf mit Hermannstadt.
1929-34 Bau des Kindergartens durch Arch. Ludwig Orend, Hermannstadt.
1941 Teilnahme Rumäniens am Russlandfeldzug Hitlerdeutschlands.
1944 Rumäniens Armee wechselt die Front und kämpft an der Seite Russlands.
1945 Ab dem 13. Jan. werden 599 evang. Personen (326 Frauen und 273 Männer) aus Neppendorf nach Russland deportiert. In diesem Jahr werden 95 Kinder konfirmiert, das ist die höchste Anzahl überhaupt (1978: 93 Konfirmanden).
1948 Am 3. Aug. werden die evang. Schule, ihr Vermögen und der Kindergarten den staatlichen Schulbehörden übergeben.
1949 Wegen der Evakuierung wohnen in diesem Jahr 7 Familien mit 25 Seelen im Neppendorfer Pfarrhaus.
Am 24. Juli gründen 78 Bauernfamilien eine Kollektivwirtschaft; sie heißt „Zorile“. Nach ihr bekommt die Kirchgasse ihren Namen.
Das nördliche Querschiff der Kirche wird durch eine Schiebewand abgeteilt; so entsteht ein heizbarer Unterrichtsraum.
1950 Höchste Anzahl von Trauungen: 51.
1959 Erster Busverkehr von Neppendorf nach Hermannstadt.
1963 Höchste Anzahl von Taufen: 106.
1964 Bedingt durch den Ausgang des 2. Weltkrieges beginnt etwa in dieser Zeit, in Gestalt der Familienzusammenführung die allmähliche Auswanderung der Siebenbürgen Deutschen nach Deutschland.
1969 Für 16.758,50 Lei erhält die Kirche eine neue elektr. Installation; für 29.256 Lei wird sie innen ausgemalt.
1970 Am 11. Juni schlägt der Blitz in die rote Lampe am Turm ein und zerstört die elektr. Leitungen. Im Dezember wird ein Blitzableiter am Turm montiert.
1972 Bau des Geräteschuppens am Friedhof.
1973 Die Friedhofskapelle wird erweitert und verschönert. Leitung: Kurator Joh. Schaitz HNr. 1049, der auch eine neue Kanzel anfertigen lässt.
1975 Asphaltierung der Kirchgasse.
Seit Jahresbeginn Ankündigungsläuten bei Todesfällen.
Neppendorf hat die höchste Seelenzahl: 4119 evang. Personen.
An Exaudi legen erstmals die Männer, die 50 Jahre alt wurden, einen Kranz am Kriegsopfergedenkstein nieder.
1976 16. Aug.: Beginn der Umbauten an der Pfarrscheune.
Man fängt mit der Herstellung von Lehnbänken für die Frauen in der Kirche an.
1977 4. März Erdbeben: Schäden an Turm und Kirchendach.
Pfr. Dr. H. Klima siedelt am 7. Oktober in die neue Wohnung über.
1979 Am 9. Mai wird das neue Gesangbuch in den Bibelstunden und im Unterricht in Betrieb genommen.
1980 Am 1. Febr. tritt Pfr. Dr. H. Klima nach 41 Dienstjahren in den Ruhestand. Jos. Beer, HNr. 1015, schreibt 10 Tafeln mit den 216 Namen der Opfer des Zweiten Weltkriegs. Die Tafeln hingen in der Friedhofskapelle, seit 1993 in der Kirche.
Sehr viele Beerdigungen: 55 - so viel wie nur 1910.
1981 Erneuerung des Fußbodens im südlichen Seitenschiff und Aufstellen von neuen Bänken für die alten Männer. Ein Windfang zum Turmaufbau in der Kirche wird eingebaut.
1982 Im Oktober beendet Joh. Huber, HNr. 796, nach fast 25 Jahren seinen Dienst als Kirchendiener.
Aktion „Frauenlehnbänke in der Kirche“ ist abgeschlossen.
1983 Erstmals sind bei einer Seelenzahl von 3661 Seelen mehr Todesfälle (37) als Taufen (32).
1984 Am 2. Sept. feiert Neppendorf 250 Jahre seit der Einwanderung der Landler.
1986 Schäden an der Kirche durch ein Erdbeben.
In diesem Jahr zählt die Kirchengemeinde 405 unverheiratete Jugendliche.
1987 Große Kirchsanierung. Gemeindemitglieder leisten 2470 Arbeitsstunden.
1988 Die Gärten auf der rechten Seite der Alten Straße werden enteignet zugunsten von Wohnblocks. Einführung der heutigen Gottesdienstordnung.
6. September: Schändung des Friedhofs (umgestürzte Grabsteine).
Installation der elektrischen Läuteanlage, eine Spende der in Deutschland lebenden Neppendorfer und des Diakonischen Werkes aus Deutschland. Bedingt durch die anhaltende Auswanderung von Gemeindemitgliedern nach Deutschland sinkt die Seelenzahl unter 3000.
1989 Umzäunung des Friedhofs mit Maschendrahtzaun.
Restaurierung der Kanzel und des Altars durch Ursula Brantsch aus Kronstadt.
Bedingt durch die Revolutionsereignisse erfolgt an Heilig Abend kein Friedhof- und Turmblasen.
1990 Beginn der großen Auswanderungswelle der Neppendorfer nach Deutschland.
Am 7. Okt. starb Pfr. Dr. H. Klima und wurde am 10. Okt. beerdingt.
Am 24. Dez. spielt die Blaskapelle zum letzten Mal auf dem Friedhof und Kirchturm. Noten und Instrumente werden der Kirche abgegeben. Die Seelenzahl sinkt auf 886 Seelen.
1991 Pfarrer Heinz Galter tritt in den Ruhestand. Sein Sohn Dietrich wird zum Nachfolger gewählt. Gründung des Neppendorfer Landwirtschaftsvereins.
1992 Die 26 Nachbarschaften werden auf vier reduziert.
Der österreichische Außenminister besucht Neppendorf.
Eröffnung eines Heimatmuseums mit Exponaten aus Neppendorf in Goisern, Österreich.
1993 25. Mai: Besuch des Oberösterr. Landeshauptmann Dr. Josef Ratzenböck in Neppendorf.
1994 Gründung eines Handarbeitskreises.
6. Aug. Erstes Neppendorfer Heimattreffen in Neppendorf.
20. Okt. Besuch des Kärntner Landeshauptmann Dr. Ch. Zernatto.
1995 17. Mai: Bundespräsident Roman Herzog besucht Großau. Neppendorfer überreichen ihm ein Geschenk. Zahl der Gemeindemitglieder: 237 Seelen.
1996 Alle Gemeindeglieder nehmen an Beerdigungen teil.
31. Dez.: Gemeindegliederstand: 210 Seelen.
1997 14. Juni: Grundsteinlegung zum Bau des Tagungszentrums der Evang. Akademie Siebenbürgen im Kirchgarten.
Aug.: Zweites Neppendorfer Heimattreffen in Neppendorf.
10. Dez.: In Neppendorf leben 181 deutsche Seelen (keine Taufen, Konfirmanden, Trauungen).
1998 In Deutschland gibt es vier Neppendorfer Nachbarschaften: Rosenheim, Augsburg, Crailsheim, Heilbronn. Sie veranstalten regelmäßige Treffen.

Quellen: